„Nehmen Sie es mir bitte nicht übel. Aber ich sehe in Ihnen keine Gymnasiallehrerin. Sie erinnern mich an meine Mutter. Sie war Grundschullehrerin. Das würde hervorragend zu Ihnen passen. Sie sind doch schon alt genug um zu realisieren, dass Sie nicht versuchen müssen in etwas reinzupassen, was nicht Ihres ist. Suchen Sie sich etwas aus, was zu Ihnen passt.“
Das sagte ein Professor zu mir, als ich bei ihm im Beratungsgespräch saß. Diese Worte haben mich sehr zum Nachdenken gebracht. Für diejenigen, die es nicht wissen: Ich hatte 2013 angefangen für das Lehramt für Grundschulen zu studieren. In den folgenden Jahren wechselte ich allerdings die Schulform, um Lehrerin für Gymnasien und Gesamtschulen zu werden. Dabei war mein erstes Fach im Grunde immer evangelische Religionslehre. Mit meinem zweiten Fach war ich leider nie ganz zufrieden: Erst Sozialwissenschaften, dann Englisch und dann Geschichte.
Dieser Professor sagte mir, dass es wahrscheinlich einen Grund habe, weshalb ich mich nicht wirklich festlegen konnte, und sagte dann die Sätze aus der Einleitung (natürlich frei zitiert).
Das brachte mich zum Nachdenken. Ja, ich habe die Schulform damals gewechselt, weil ich zu „faul“ war, vier Fächer zu studieren. Mir hat sich nicht der Sinn erschlossen, weshalb ich auf einem so hohen Niveau studieren musste, nur um das Einmal Eins zu unterrichten, dass ich sowieso schon beherrsche. Im Nachhinein merke ich, wie vermessen und stolz das von mir war. Das Gespräch mit dem Professor dauerte relativ lange. Er entlockte mir so einige Informationen, denen ich mir selbst gar nicht so bewusst gewesen bin.
Ich war zunächst total geplättet und ich musste mir eingestehen, dass ich mit dem „geringsten Aufwand“ so viel erreichen wollte, wie ich nur konnte. Ich glaube, dass das im Grunde sehr menschlich ist, doch es war und ist zugegebenermaßen eine sehr unbequeme Wahrheit. Das Gespräch hat einen Prozess in mir in Gang gesetzt, der mich nochmal meine Prioritäten, Wünsche und Ziele überdenken lässt. Ich mache es für euch kurz:
Ich wollte mit dem „Durchziehen“ des Studiums anderen beweisen, dass ich nicht nur die „kleine“ und „schwache“ Kiki (das ist einer meiner Spitznamen) bin, sondern durchaus eine „gestandene“ Frau sein kann. („Oh man und ich dachte, ich wäre schon weiter…aber wo eigentlich?“).
Das volle Studium verlangte mir einiges an zusätzlicher Kraft ab. Ich bemerkte eine gewisse Verbissenheit in dem ganzen Prozess und ich spürte, dass ich kämpfte. Das ich kämpfte und kämpfte….
Wisst ihr, welche Sätze mir da in den Sinn kamen?
Matthäus 11, 28 -30: „Dann sagte Jesus: »Kommt alle her zu mir, die ihr müde seid und schwere Lasten tragt, ich will euch Ruhe schenken. Nehmt mein Joch auf euch. Ich will euch lehren, denn ich bin demütig und freundlich, und eure Seele wird bei mir zur Ruhe kommen. Denn mein Joch passt euch genau, und die Last, die ich euch auflege, ist leicht.«“.
Leicht? Nein, meine Last war nicht leicht.
Passend? Nein, es drückte und zwickte mich überall.
Ruhe? Ich hatte das Gefühl, ständig im Betrieb zu sein…da war kaum Ruhe.
Ich habe gelernt, dass das Leben schwierig sei. Man sollte die Zähne zusammenbeißen und durchhalten. Mir wurde öfter vorgeworfen, ich sei in einigen Dingen so wankelmütig. „Triff eine Entscheidung und steh dazu!“.
Leute – ich habe es versucht, wirklich versucht…aber ich kann schwer Dinge zu Ende bringen, von deren Sinnhaftigkeit ich nicht überzeugt bin. Ich tue Vieles mit Begeisterung und auch Durchhaltevermögen, aber nur, wenn ich im Herzen Frieden darüber habe.
Ja, das ist nicht immer einfach. Nicht immer spielen die Gefühle mit. Ich könnte ein Lied davon singen, wie oft ich in manchen Bereichen schon das Handtuch werfen wollte – auf so einige Personen. Doch ich habe mit Gottes Hilfe durchgehalten.
Und ich liebe es Mutter zu sein. Ich liebe es für meine Kinder sorgen zu können und ein wohliges Zuhause für sie und meinen Mann zu schaffen.
Ist das nicht wichtig?
Ich schweife ab. Ich könnte noch so einiges von dem berichten, was der Professor zu mir gesagt hat und was es in mir angestoßen hat. Für mich war es ein Geschenk Gottes.
Bei der Anmeldung zu dem Kurs des Professors, habe ich übrigens den letzten Platz bekommen. Ich hatte den starken Eindruck den Kurs besuchen zu müssen, anstatt einen anderen Kurs, der schon in meinem Stundenplan gewesen ist. Danach war da dieses Drängen in mir, mit ihm sprechen zu müssen. Tatsächlich kam es auch nicht von ungefähr, dass ich dieses Semester mein zweites Fach auf „Geschichte“ gewechselt habe, denn dadurch konnte ich dem Professor erst begegnen.
Ich bin überwältigt. Ich wollte den Leuten endlich beweisen, dass ich etwas „durchziehen“ kann (wie oben schonmal erwähnt). Aber naja, im Grunde ist es nicht wichtig, wie andere meinen Werdegang bewerten. Mein Herr kennt mein Herz und er sorgt für mich.
In all den letzten Jahren habe ich Leistungen erbracht, die mir für das Grundschullehramt anerkannt werden könnten.
„Wow“ – könnt ihr auch die Leitung Gottes in all dem erkennen?
Ich habe mich noch nicht dazu entschieden die Schulform zu wechseln. Allerdings vertraue ich absolut auf die Leitung Gottes.
Was für andere wie ein „Umweg“ aussieht, lässt mich im Innern staunen. Gott kennt mich. Er hat einen Weg für mich vorbereitet und dem darf ich gelassen entgegensehen.
Und ja, ich habe dadurch gelernt so manche „Umwege“ zu feiern! (Denn der Weg ist doch eigentlich das Ziel – oder?!) Dabei kann man viele neue Dinge entdecken und was das Beste ist: In diesem Angewiesensein darauf, dass ich hindurchgeleitet werden muss, lerne ich Gottes Stimme zu hören und ihr zu folgen. Wäre der Weg „klar“, würde ich wahrscheinlich sehr geneigt sein die Hand, die mich führt, loszulassen und alleine vorzulaufen…
Wie ist es bei dir?
Kannst du erkennen, was deine „Antreiber“ sind?
Weshalb möchtest du „durchziehen“, was du tust?
Könnte es vielleicht sein, dass du kämpfst, um in etwas hineinzupassen, was nicht deins ist?
Natürlich sind die Antworten auf diese Fragen absolut individuell und können von dir sehr anders beantwortet werden, als ich sie zurzeit beantworten würde.
Ich möchte dir auch noch andere Fragen stellen:
Hast du Gnade für dich selbst, wenn du mal „Umwege“ machst?
Oder:
Was passt zu dir?
Meinst du, dass Jesus vielleicht einen Rahmen für dich geschaffen hat – der nicht ohne Herausforderungen ist – aber komplett zu dir passt?
Ich glaube das und bin so gespannt darauf, diesem Weg weiter zu folgen.
In Liebe – Eure Christine