Die Zeit anhalten.
Für ein paar Tage mal für nix verantwortlich sein.
Keiner will etwas von mir, ich will auch von keinem etwas.
Einfach gut versorgt in einem Vollpensionshotel –
ohne Fernsehen,
ohne Handy,
ohne Nachrichten,
ohne Informationen von außen,
ohne WhatsApp und Facebook,
ohne Instagram und Snapchat.
Einfach mal nur die Natur, Ruhe und ich.
Zur Ruhe kommen ist gar nicht so einfach. Immer ist doch irgendetwas und immer unterbreche ich meine Ruhezeit selbst. Mit einem kurzen Blick aufs Handy, mit einem dringend notwendigen Einkauf, mit einem Anruf oder einfach nur mit dem Spülmaschineausräumen. Oft komme ich mir sehr getrieben vor und weiß in Ruhezeiten gar nicht richtig, was ich mit mir anfangen soll. Dann lockt auf einmal YouTube mit seinen Shorts und ich vergeude eine halbe Stunde Lebenszeit mit den Kurzvideos.
Anfang April habe ich mich in ein Hotel für Zeit in Stille eingebucht. Ich wollte gerne ein Zimmer mit Meerblick, aber als ich das bei der Buchung angegeben habe, kam eine Mail zurück: „Bei uns geht es um den Blick nach Innen und nicht nach Außen“… okay, habe ich gedacht, dann eben nicht.
Mein Mann fuhr mich dorthin und ich kam in mein Zimmer – was soll ich sagen – ein Zimmer mit Meerblick. Das war schon das erste Mal, dass ich überrascht war, und ich habe das sehr genossen. Das Zimmer war sehr einfach ausgestattet. In den Hotelregeln stand unter anderem, dass das Handy nur im Zimmer genutzt werden sollte und wenn es geht, überhaupt nicht und wir sollten Hausschuhe mitbringen. Alle Personen waren mit Hausschuhen oder auf Socken in diesem Hotel unterwegs. Besonders. Denn das hatte zur Folge, dass ich gar nichts von den anderen gehört habe. Kein Fernsehton aus dem Nachbarzimmer, keine Schritte auf dem Flur, einfach Stille.
Die Umgebung am Meer ist auch besonders. Besonders an der Nordsee. Wie ihr bestimmt wisst, ist an der Nordsee die Hälfte des Tages Wasser und die andere Hälfte halt nicht. Es ist so, als ob die gesamte Natur am Atmen ist. Einatmen – Ebbe, Ausatmen – Flut.
Ich habe ein sehr erfülltes Leben mit vielen abwechslungsreichen Momenten. Stille und Ruhe kommen in meinem Alltag so gut wie gar nicht vor. Daher habe ich mich auf diese „Stilletage“ sehr gefreut. Es ist für mich ungewohnt, plötzlich allein zu sein und kein Gegenüber zu haben, mit dem ich mich austauschen kann. Das ist sonst mein Mann, doch der ist wieder nach Hause gefahren.
Ich habe in dieser Zeit einige Themen gehabt, von denen ich mir eine Antwort erhoffte. Auch von Gott. Ich habe die Bibel mitgehabt und auch ein paar Bücher. Obwohl ich die Bücher schon gelesen hatte, war die Umgebung und die Bedingungen zum Lesen so anders, dass ich viel mehr mitnehmen konnte. Ich habe mir wichtig gewordene Sätze aufgeschrieben und immer wieder wiederholt. Viel gelernt habe ich auch von anderen Menschen, die mit mir in diesem Hotel waren. Zu den Mahlzeiten kamen wir in einem Speisesaal zusammen und redeten miteinander. Wir kannten manchmal nicht einmal unseren Vornamen, und doch war es wunderbar, Ansichten und Perspektiven auszutauschen in einer Art, die mit vertrauten Personen schwieriger ist. Dadurch, dass wir uns kaum kannten und wahrscheinlich auch nicht wieder sehen, wird die Offenheit und Tiefe von Gesprächen sehr intensiv. Das war neu für mich.
Ich habe nach vier Tagen mein Handy wieder mehr benutzt. Einfach um mit Menschen, die mir wichtig sind, wieder in Verbindung zu gehen. Dennoch merke ich auch jetzt, wo ich wieder zuhause bin, wie es mich entlastet, nicht dauernd und immer erreichbar zu sein. Ich nutze die Limits bei WhatsApp und YouTube und merke, wenn mal eine Leerlaufzeit entsteht, dass ich mich einfach auf die Ruhe konzentriere.
Wenn ich meine Welt betrachte, gibt es viele Situationen, die ohne Stille passieren. Im Stillsein und Vertrauen soll unsere Stärke sein. Doch ich als Mensch suche Ablenkung und Beschäftigung und immer mehr „zu tun“. Gott hat bewusst Ruhe auch geschaffen, damit wir IHM begegnen und von IHM lernen. Ich habe in diesen Tagen der Stille gemerkt, wie viel einfacher es ist, in Ruhe zu Gott zu finden und zu kommen, als in meiner täglichen Ablenkung.
Ich wünsche Dir, dass auch Du lernst, stille Inseln in Deinen Alltag einzubauen. Dort begegnest du dann Gott wirklich.
Probiere es aus und erzähle mir davon.
Alles Gute Dir, Deine Astrid