Mein Gesicht ist nicht 100%ig symmetrisch.
Seit meiner Jugend habe ich Hautprobleme (hält mich ja irgendwie jugendlich :D).
Mir wachsen Haare an Stellen, an denen Frauen sie nicht haben sollten (nehmt es einfach als Info an, denkt bitte nicht so viel darüber nach 😉).
Ich bin also nicht perfekt.
Aber ich wäre sooo gerne perfekt!
Einige Ereignisse aus meiner Kindheit haben bei mir dazu geführt, dass ich einen überhöhten Drang nach „Perfektion“ bzw. „Makellosigkeit“ habe.
Mein Auftreten, Verhalten, Aussehen, Haushalt und meine Noten sollen nicht nur „befriedigend“ sein. Nein, sie sollen mindestens echt gut, aber am besten „sehr gut“ sein.
In den letzten Wochen ging einer meiner Kindheitsträume in Erfüllung: Ich durfte in unserer Gemeinde den Lobpreis leiten.
Ich habe mich so sehr über diese Möglichkeit gefreut und sie gleichzeitig total unterschätzt.
Gleich beim ersten Mal sind mir in der Woche vor besagtem Gottesdienst einige Lobpreiser abgesprungen, sodass ich kurzfristig nach Ersatz suchen musste – und ich habe lange gesucht…
Am Tag des Gottesdienstes bin ich schon früh aufgestanden, habe mich so gut wie möglich vorbereitet und kam zur spät zur Probe…
Ich war etwas gestresst und ich merkte deutlich, dass die Verantwortung klar bei mir lag – für alles…auch die Dinge, die schief gehen könnten und es gingen ein paar Dinge schief: Einige Einsätze wurden verpasst und naja, es war halt nicht perfekt…Ich war so aufgeregt, dass ich die Stimmung in der Gemeinde nicht wirklich wahrnehmen konnte.
Nach dem Gottesdienst war ich einfach nur geschafft, aber ich hatte es auch geschafft und es war alles in allem ganz zufriedenstellend…aber leider nicht makellos.
Die Woche darauf waren wir als Familie auf einer Mitarbeiterschulung, die mein Mann und ich im Zuge unseres geliebten Ehedienstes mitmachten. Auch da durften wir den Lobpreis mitgestalten, was uns viel Freude bereitete. Während wir auf dieser Schulung waren (ca. eine Woche vorher), bekam ich mitgeteilt, dass für den Pfingstsonntag – an dem ich ebenfalls die Lobpreisleitung übernehmen durfte – ein Vortragslied geplant war. Das sollten wir (die anderen Lobpreiser und ich) umsetzen.
Das Lied, um das es ging, hatte ich vorher noch nie gehört. Als ich wieder zu Hause war, hörte ich mir das Lied also die ganze Woche über an. Ich wollte so gut wie möglich vorbereitet sein. Beim ersten Mal der Lobpreisleitung dachte ich schon, dass viel an organisatorischen Dingen angefallen waren und dass es nicht mehr möglich war, dass es noch geschäftiger werden könnte. Aber es kam schlimmer: Musiker springen ab, andere kamen hinzu und fielen wieder aus. Zwei Tage vorher musste ich die Liedzuteilung fast komplett ändern – danach lag es dann an mir ein Lied zu leiten, dass ich vorher nicht wirklich gekannt habe. Also musste ich in zwei Tagen ein weiteres Neues Lied hören… (Ich mache das nicht nochmal. Das nächste Mal suche ich von Anfang an nur Lieder aus, die ich richtig gut kenne :D).
Der Pfingstsonntag kam und wenn man denkt es kann nicht noch schlimmer kommen, kommt es schlimmer…Ich kam nicht zu spät, aber andere Musiker (passiert). Wir hatten also weniger Zeit zum Proben als gedacht. Dabei bekamen wir alles ganz passabel hin…aber es war wieder nicht perfekt. Und dann kam der Gottesdienst.
Hier der Ablauf aus meiner Extremsicht:
Das erste Lied kam. Ich quatschte zu lange und verpasste den Einsatz.
Das Vortragslied kam und…der Einstieg war nicht sauber, ich hatte tatsächlich einen Texthänger (was mir vorher noch nie passiert war) und ich hatte einen – im wahrsten Sinne des Wortes – schiefen Moment.
Beim letzten Lied (dem anderen Neuen) war auch nicht alles sauber gesungen (von mir).
Gelinde gesagt: Ich war von meiner Leistung nicht begeistert – ich war enttäuscht.
Das Lobpreisteam hatte eigentlich nur positive Worte für mich übrig und auch andere Gemeindemitglieder äußerten sich positiv. Aber es kam nicht wirklich bei mir an, weil ich so unzufrieden war.
Meine Güte, diese ganze Sache beschäftigte mich noch eine Weile.
Ich betete dafür, dass ich Gottes Sicht der ganzen Dinge, die passiert waren, sehen könnte.
Ich war wütend auf mich und auch ein bisschen auf Gott, denn weshalb hatte er mir nicht mehr geholfen.
Ich fühlte mich bloßgestellt und blamiert.
Die ganzen letzten drei Wochen musste ich diese Lobpreisdinge managen (was ich wollte und was mir viel Freude machte 😉). Parallel musste ich aber auch den Geburtstag meiner Tochter organisieren und durchführen, meine Studienleistungen erbringen, mich um den Einkauf, das Essenmachen und den Haushalt kümmern. Außerdem mussten einige andere ehrenamtliche Dinge geklärt werden und ich musste mich um die Lobpreisvorbereitungen für die Hochzeit meines Bruders kümmern…war es da in Ordnung, dass ich „erschöpft“ war?
Denn ich war völlig fertig, obwohl ich alles, was ich tue, im Grunde liebe!
Ich bemerkte, dass es mir immer schwerer wurde Ruhe zu finden. Ständig musste ich mit meinem Handy irgendetwas klären…und wenn nicht, schaute ich trotzdem nach, ob etwas anlag.
Ich wurde zunehmend depressiver und ich wusste nicht weshalb: Im Grunde war doch alles in Ordnung. Mir war klar, dass es die ersten Anzeichen eines Burnouts waren. Also verlangsamte ich. Ich sagte Termine ab, bei denen es nicht unbedingt notwendig war, dass ich anwesend bin. Und ich musste ein ganz tolles Job-Angebot von der Uni ablehnen, weil es mich einfach überfordert hätte. Schade eigentlich.
Ich fühlte mich wie eine Versagerin – weshalb machte mir das alles zu schaffen? Weshalb war ich nicht belastbarer? Weshalb machten mir meine eigenen Gedanken das Leben so schwer?
Dann hörte ich, wie Gott mir zuflüsterte: „Du musst nicht perfekt sein.“. Das sagte er mir schon seit einer Weile immer wieder. Aber mir fiel es so schwer zur Ruhe zu kommen und gleichzeitig war ich so erschöpft.
Bis ich kapitulierte. Ich schaufelte mir einen Vormittag so gut wie möglich frei, legte mich auf die Couch, betete, las ein Buch, las in der Bibel, schlief ein bisschen und betete wieder. Danach ging es mir deutlich besser. Und ich hörte wieder: „Du musst nicht perfekt sein!“. Auf einmal verstand ich es: „Ich muss nicht perfekt sein!“ (Ja, so offensichtlich.). Ich darf das Leben leben, Erfahrungen machen, mein Bestes geben und das reicht – Gott kümmert sich um den Rest!
Und kaum nahm ich es an, passierte etwas: Ich bekam eine Nachricht von dem Autor des Vortragsliedes des besagten Pfingstsonntags, in der er mir für meine bzw. unsere (alle Lobpreiser) Interpretation und Darbietung des Liedes dankte. Er hatte lauter vieler ermutigender Worte für mich – genau zum richtigen Zeitpunkt!
Das zeigte mir, dass Gott mich echt wirklich sieht! Er hört meine Gebete! Er hat irgendwie nur darauf gewartet, dass ich ihn verstehe, seine Aussage an mich verinnerliche und ich losließ. Was? Na, meinen Perfektionismus!
Ich lerne aus den Erfahrungen, die ich mache – so viel! Uns das ist so kostbar.
Das Fazit der Geschichte ist also: „Du musst nicht perfekt sein!“.
Gib einfach dein Bestes und entspann dich Mal :D!
Gott hält alles in seiner Hand und lässt es für dich zum Besten werden.
Und: Er will bestimmt, dass du aus deinen Erfahrungen lernst.
In Liebe
Christine

PS: Seht ihr das Bild vom Wald? Der Wald ist wunderschön! Aber nicht perfekt. Da liegen überall Erdklumpen, Blätter und Eicheln einfach rücksichtslos herum – wie können sie nur! (Spaß!). Aber alles liegt an genau den Stellen, wo sie sein sollen und vervollständigen das Bild. Wir müssen also auch nicht perfekt sein, um ein wunderschönes Bild abgeben zu können 😉.